Über die Wirkung des Geschmacks im Ayurveda

Über die Wirkung des Geschmacks im Ayurveda

Es gibt unzählige Lebensmittel auf der Welt und jedes einzelne davon hat seinen spezifischen, einzigartigen Geschmack. Dennoch beschreiben wir unterschiedliche Geschmacksrichtungen oft mit denselben Worten. Das liegt nicht zuletzt an unserer Fähigkeit, nur eine bestimmte Anzahl an unterschiedlichen Geschmäckern mit der Zunge wahrzunehmen. Diesen scheinbaren Nachteil nutzt die ayurvedische Lehre jedoch, um es den Menschen zu ermöglichen, vermehrt Lebensmittel zu essen, die zur eigenen Konstitution passen und sich besonders positiv auswirken.

Im Ayurveda spielt der Geschmack von Lebensmitteln aus diesem Grund eine ganz besondere Rolle, denn wenn ich z. B. viel Pitta habe, sollte ich eher auf scharfe Lebensmittel verzichten, weil diese stark belebend wirken. Stattdessen sollte man lieber kühlende Lebensmittel essen, die z. B. oft bitter sind.

Im ayurvedischen Weltbild gibt es jedoch insgesamt sechs Geschmacksrichtungen, also mehr, als wir heute in der westlichen Welt kennen. Neben den Klassikern süß, sauer, salzig und bitter sieht das Ayurveda auch noch scharf und herb, also zusammenziehend bzw. adstringierend, als Geschmäcker an. Schauen wir uns die Wirkungen genauer an:

Süß

Süß fördert das Wachstum der Körpergewebe, es nährt, belebt, verleiht Zufriedenheit und soll zur Langlebigkeit beitragen. Daneben sollen die Nerven genährt und die Wirkung von Giften abgeschwächt werden. Zu viel Süßes kann zu Fettleibigkeit, Trägheit, Faulheit und übermäßigen Schlaf führen. Auch das Verdauungsfeuer wird negativ beeinflusst, die Atmung erschwert und Schleim nimmt im Körper zu. Vor allem Menschen mit Kapha-Konstitution müssen bei Süßem sehr vorsichtig sein.

Sauer

Dieser Geschmack stimuliert den Stoffwechsel, belebt, schenkt Leichtigkeit und Kreativität. Zudem wird der Appetit angeregt, Blähungen vermindert und Saures soll Zufriedenheit verleihen. Zu viel Saures kann zu einer Ansammlung von Ama, also Giftstoffen führen und soll durch seine erhitzende Wirkung Entzündungen fördern. Wer zu sauer ist, ist auch oft reizbar, ängstlich und panisch.

Salzig

Salz ist das grundlegende Gewürz in der Küche. Salzige Speisen reduzieren Vata, fördern die Verdauung, weil sie Agni stärken; es ist im Ayurveda scharf, flüssig, beißend, schneidend und macht die Glieder geschmeidig. Seine Wirkung soll beruhigen und öffnen, Steifheit vermindern, entspannen und Sicherheit schenken. Zudem sollen salzige Speisen die Gefäße reinigen und Ansammlungen erweichen, wodurch sie leichter abtransportiert werden. Zu viel Salz kann infektiöse Hautkrankheiten verschlechtern, Trägheit, Gefühllosigkeit, Schwere hervorrufen und soll sogar zu faltiger Haut, Potenzstörungen und Haarausfall führen.

Bitter

Bitter stellt den Geschmackssinn wieder her, es wirkt entgiftend, antibakteriell und fördert die Verdauung. Es soll jegliche Art von Jucken oder Brennen sowie entzündliche Krankheiten und Durst lindern. Laut Ayurveda soll es auch dabei helfen, Fett zu reduzieren, das Blut zu reinigen und Toxine auszuleiten. Bitter macht leicht, kreativ und spontan. Ein Zuviel macht aber müde, schwindelig und kann Unsicherheit und Angst verursachen.

Scharf

Schärfe reinigt Nahrung und den Mund, fördert Agni, die Absonderungen der Nasenschleimhaut und soll uns Klarheit, Tatendrang und Willenskraft verleihen. Scharfes macht euphorisch, soll Wasseransammlungen und Fett im Körper sowie Aufstauungen überhaupt beseitigen und sogar keimtötend wirken. Schärfe regt an, zu viel kann aber aggressiv und wütend, aber auch träge und müde machen. Im ayurvedischen Sinn als Scharf gilt dabei jedoch nicht nur Chili, sondern z. B. auch Basilikum, Minze, Pfeffer, Rosmarin, Salbei, Thymian oder Zimt. Der Grund dafür ist, dass zu dieser Geschmacksrichtung im Ayurveda auch die Eigenschaften würzig und aromatisch gehören.

Herb

Diese Geschmacksrichtung fördert die spirituelle Öffnung und soll mehr geistige Kraft und Feinfühligkeit bringen. Zudem soll Herbes die Schweißabsonderung reduzieren und trocknend bzw. kühlend wirken. Dieser Geschmack soll laut Ayurveda auch die Abheilung von entzündlichen Stellen und das Stillen von Blutungen fördern, also alles, was zusammenwachsend heilen soll. Zu viel soll sich jedoch negativ auf die Psyche auswirken und kann geistige Krankheiten verstärken.

Die Kombination gewinnt

Wie nutzt man das Wissen um die verschiedenen Geschmacksrichtungen nun am besten? Am besten ist es einfach, wenn man darauf achtet, dass die Mahlzeiten alle Geschmacksrichtungen enthalten. So werden Speisen nicht nur köstlich, sondern auch ausgewogen und bekömmlich. Zu einem bitter-herben Rucolasalat passt also eine süß-saure Sauce, Salz und Pfeffer. Wie Sie sehen, haben wir hier schnell und unkompliziert alle sechs ayurvedischen Geschmacksrichtungen kombiniert. So werden die trockenen, rauen und kalten Eigenschaften des Rucolas ausgeglichen. Das ist aber nur ein Beispiel. Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.